Change braucht mehr Facilitation und weniger Beratung

Der Wandel wandelt sich. Externe und interne Change-Berater*innen sind es gewohnt, Konzepte zu entwickeln (oder als Best Practices zu übernehmen), anstehende Veränderungsprozesse zu planen, zu organisieren und zu kontrollieren. So vorzugehen hat bislang mehr oder weniger funktioniert.

Heute sind Organisationen massiv überfordert. Sprunghafte Märkte, Ungewissheiten und hohe Komplexität (VUCA) lassen lineare Planungen und ihre Durchführung kaum noch zu und das Expertenwissen Einzelner reicht nicht aus. 

Der Erfolg von gestern ist nicht der von morgen. Das kollektive Know-how und die kollektiven Fähigkeiten einer Organisation geben erst Antworten auf die Fragen der Zukunft. Um dieses Potenzial zu nutzen, braucht es eine neue Form der Zusammenarbeit.

„Das Wissen liegt stets im System“ lautet die wohl wichtigste Grundannahme des Facilitators. Mit einer neutralen und allparteilichen Haltung nimmt er sich selbst im Prozess zurück, bindet alle Beteiligten ein und überlässt ihnen die Verantwortung für das Ergebnis.

Er ist Experte für Interventionen, Methoden und Fragen – sie stammen u. a. aus den systemischen, lösungsfokussierten und agilen Beratungsansätzen.

Gern stellen wir Ihnen Methoden vor, die wir in unserer Arbeit anwenden. Und wir hoffen, dass Sie genauso begeistert von ihrer Wirksamkeit sind wie wir.


Kopfstandmethode

Was müssen wir tun, damit das Projekt scheitert?

Situation

Bei der Einführung eines Feedback-Instruments in einem mittelständischen Unternehmen gab es Unstimmigkeiten und Probleme bei der Umsetzung. Trotz anfänglicher Begeisterung war die Stimmung der Führungskräfte auf dem Nullpunkt und in den Zusammentreffen wurde viel darüber gesprochen, was alles nicht funktioniert. Sie drehten sich im Kreis. Mit diesem Informationsstand übernahm ich einen Workshop. Meine Aufgabe: Ich sollte die Kuh vom Eis bringen.

Methode

Nach einem kurzen Intro moderierte ich eine Gruppenarbeit an. Die Fragestellung „Was müssen wir tun, damit das Projekt scheitert?“ sorgte zunächst für Verwunderung, dann legten die Teilnehmenden aber motiviert los.

Mit sichtlich guter Laune und viel Spaß wurden Karten beschrieben: „Termine ignorieren“, „Zugangsdaten an Mitarbeitende senden, ohne vorher mit ihnen gesprochen zu haben“, „Flurfunk mit Details anheizen“ usw. Als sämtliche Karten an der Wand pinnten und sich die allgemeine Fröhlichkeit gelegt hatte, sagte ein Teilnehmender in die Runde: „Das ist eigentlich das, was wir tun, nur noch viel mehr davon.“

In der zweiten Arbeitsrunde wurde dann die Aufgabenstellung umgedreht und in die „richtige“ Richtung gedacht. Ohne über die bisherigen Fehler zu sprechen und Fingerpoiting zu betreiben, entwickelten die Führungskräfte – zum Teil unerwartete – Ideen und vereinbarten Maßnahmen, um das Projekt gemeinsam voranzutreiben.

Vorteile

Die Kopfstand-Methode – also die ursprüngliche Frage bzw. Herausforderung auf den Kopf zu stellen – löst auf einfache Art Denkblockaden und vermeidet Schuldzuweisungen für bisheriges Verhalten. Ähnlich wie im Coaching (Verschlimmerungsfrage: „Was müssen Sie tun, damit die Situation noch schlechter wird und eskaliert?“) entwickeln die Betreffenden ein stärkeres Gefühl der Selbstverantwortung. Wenn sie etwas tun können, damit es schlechter wird, dann können sie auch etwas dafür tun, damit es besser wird.